Reisetipp temporäres Kunstwerk

Wer am Iseosee The Floating Piers (2014-2016) von Christo & Jeanne-Claude (+2009) erleben möchte, braucht Geduld und Nerven …

Meine ersten Eindrücke hatte am 19. Juni gepostet. So habe es auch die Folgetage erlebt. Die Behörden und Institutionen wirkten etwas hilflos angesichts der Masse an Besuchern. Es wird improvisiert. Aber auf und neben dem Steg – macht das Team von Christo – ganze Arbeit. Hier ist im Gegengensatz zu Festland alles straff durchorganisiert. Machtmal wirkten die Helfer auf mich wie eine paramilitärische Truppe. Ist auch gut so, denn mancher Besucher glaubt er könne sich am Steg gebärden wie auf einem lungomare. Für die meisten Besucher ist es ein Event. Die wenigsten setzten ich mit Aspekt der dahintersteckt nicht auseinander. Insofern ist es für mich Public Art was am Iseosee abläuft, mit satten Umwegrenditen. Es ist für mich schon Kunst einen Gemeindeverwaltung davon zu überzeugen, eine Installation dieser Größenrodung zu genehmigen. Vor der handwerklichen Umsetzung ziehe ich den Hut. 


Ein Anwohner hat mir erzählt, dass seit letzten Oktober die Vorbereitungen gelaufen sind. Und nun, da das Kunstwerk öffentlich zugänglich ist, herrscht in der kleine Gemeinde Sulzano der Ausnahmezustand. Sie ist zona rossa. Nur Anwohner und Lieferarten dürfen rein. Selbst für Fussgänger ist die Gemeinde nicht zu erreichen. Alles läuft mit Zubringerdienst per Bus oder Zug. Bis heute Morgen lief alles aus dem Ruder. Stundenlanges warten für zig tausend Besucher. Und das schon um 8 Uhr Morgens, da die Busse übervoll waren. Geschuldet auch dem Umstand, da der zuständige Prefekt der den Stig schliessen lies zeitweise.

Italiani in viaggio, a noi ci piace soffrire ... 
meinte eine gelassene Besucherin, mit der ins Gespräch gekommen bin. Somit mein Tipp: Wer The Floating Piers genießen möchte, soll dies in der Nacht tun. Zwischen 3 und 6 Uhr ist es erträglich auf den Stegen. Das habe ich auch heute Morgen so gehalten. Sich am Steg hinlegen und den Wellengang spüren eine cooles Gefühl, das man so auf einem Schiff nur bedingt hat. Zur Anreise empfehle ich die Bahn. Die Shuttelbusse aber auch 24 Stunden fahren, wobei die Auffangparkplätze mit 20 Euro zu buche schlagen. Und noch etwas: Wer nicht ein Vermögen für Verpflegen und Getränke ausgeben möchte, solle sich ein Butterbrot schieren. Unter Tags kann man dann auf den Monte Isola erwandern, um das Werk von oben auf sich wirken zu lassen. Der Fußmarsch rauf nach Senzano lohnt sich.
Alle Fakten zum Projekt auf den offiziellen Hommage.



Unsere Kunst steht nicht für immer da, niemand kann sie kaufen, niemand kann sie besitzen, nur die Erinnerung bleibt. (Christo & Jeanne-Claude)
Die Erinnerung war mir Motivation um an den Lago d'Iseo zu fahren. 1995 war beim verhüllten Reichstagsgebäude in Berlin dabei. Die Stimmung die damals um das Reichstagsgelände herrschte – um das temporäre Kunstwerk – habe selten erfahren dürfen. Ein Highlight das mich geprägt hat.


Christo & Jeanne-Claude in Berlin hautnah in Aktion erlebt zu haben, war das Sahnehäubchen. Damals in der noch Handy- und Internetlosen Zeit ist man auch gereist. Im Gepäck eine 35 mm Kleinbildkammer mit Wechselobjektiven, und in der Brieftasche Deutsche Mark. Toll!