Flüchtlinge BZ. 27. April

Qualitätstandarts gibt es noch keine | Foto © arm | 
Die Lange wird langsam kritisch. Alle beteiligten sind am Zahnfleisch.
Die Hilfewelle für die zwangsgestrandete Menschen in Bozen reiten noch immer Freiwillige. In diesem Sinn kann dem Vorausgeschickt heute in den Dolomiten nur zustimmen (siehe unten). Einzig die Feststellung, dass „jeden Tag kommen dort Flüchtlinge aus Afrika an“ (Bahnhof Bozen) setzte ich entgegen, dass die Menschen aus den Zügen die Staatsgewalt treibt. Hier liegt der Angelfuß. Die Menschen werden ausgesetzt und sich selbst überlassen. Die Verzweiflung dieser Menschen ist groß. Gestern setzten einige ihre Reise am Brenner über die Schienenstränge der Bahn fort. Der int. Zugverkehr kam zu erliegen. Es verwundert mich, dass heute davon nichts in der Tagespresse stand.
Der Unmut der Reisenden war groß. „Die können sie auch mit dem Zug überrollen, dann hätte unser Zug nicht Verspätung" meinte ein erboster Zugreisender. 
Für mich ist es eine Zeitbombe. Unterschiedliche Kulturen prallen aufeinander. Es ist eine Frage der Zeit, bis es zu Konflikten kommt. Und was die Exekutive angeht, so bewundere ich sie, dass sie den Spagat findet zwischen Dienst nach Vorschrift, wegschauen und Hilfestellungen. Die RFI (Ex-FS-Staatsbahnen) sind auch am Limit. Die Betreiber der Regionalzüge haben uns Helfer heute ermahnt, den Flüchtlingen nicht den Weg zu Brenner – mit Regionalzügen – zu ermöglichen. Hallo! Sind wir der richtige Ansprechpartner. Ich habe dem Verantwortlichen geantwortet: Se lei ha un problema, si rivolga al Ministero die Interni, alla Giunta Provoncale o alla Polfer. Die Politik ist am Zaudern, hatte ich es zum Staatsfeiertag geschrieben. Dem ist zwei Tag danach noch immer so. Es mag von mir verbissen klingen, aber ohne das Engagement von vielen Freiwilligen sähe es am Bahnhof BZ traurig aus. Es melden sich täglich neue Menschen die Helfen wollen. Die Sachgüter bereitstellen. Die Geldspenden abgeben. Allein bei mir sind heute ein vierstelliger Eurobetrag eingegangenen. Menschen die mithelfen wollen. Es wurden zig Tausend Euro in wenigen Tagen eingebracht, an Eigenleistungen, Geld- und Sachspenden. Keiner führt Buch. Vertreter der Zivilgesellschaft geben es weiter, und oft aus eigener Tasche. Selbstlos. Der RAI Tagesschau Bericht von Heute, 20 Uhr, empfand ich als zynisch. Mensch Martha, gib dir eine Ruck und erkenne an, das was Menschen für Menschen auf die Beine gestellt haben. Das plötzlich politisch gehandelt wird, ist dem Druck der Basis zu verdanken. 
Einen Orden hat sich keiner von den bezahlten Politikern und Beamten oder den Hilfsorganisationen verdienst. Von der Caritas bin enttäuscht.
Foto © arm |  
Die gestrandeten Menschen hocken am Boden und essen Tunfisch aus der Dose mit Brot.  Hilfsgüter können nicht sachgerecht verteilt werden. Hygienisch ist es ein Tschernobyl. Eine medizinische Grundversorgungen gibt es nach wie vor keine. Der Staat verabsäumt siene Sorgfallstpflicht. Dabei haben viele der Menschen auf der Flucht eine Hautkrankheit. Sie ist Übertragbar. Viele benutzen die Regionalzüge auf der Weiterreise nach Nordeuropa. Ich habe mir inzwischen angewöhnt meine Kleidung täglich zu wechseln. Sie bei 60 Grad zu waschen. Habe für die Hände ein Sterillium dabei. Nur: Es hilft nichts gegen die Milben, die die Krankheit übertragen. Kein Kind dürfte einen Tag – mit so einer Krankheit – bei uns eine Schule besuchen. Aber Menschen aus Afrika werden vom Staat, auf Anweisung der Südtirolurlauberin, aus den Zügen geworfen und sich selbst überlassen. Toll!
Menchen werden an der Weiterreise gehindert | Foto © arm | 
PS: Hier ein Post von RiccardoDello Sbarba auf facebook, so wie er zum 27. April die Lage einschätzt
Vado ogni giorno in stazione, ci trovo solo persone di buona volontà come Monika, Irene, Armin, Dorothea e altre di cui non conosco il nome ma il sudore e le lacrime. Poi da qualche giorno alcuni operatori di Volontarius, chiaramente überfordert. Più Ali, e il ragazzo somalo che fanno da interpreti, sono giorno e notte li. Le autorità avevano promesso da lunedì una tenda della Croce rossa, ma fino alle 15 di oggi nulla, è il grosso dei profughi c'è la mattina, fino a quell'ora. Abbiamo una protezione civile che al minimo sussulto di pericolo è in grado di mettere al sicuro una città, hanno gestito centomila alpini in adunata, possibile che passino giorni senza che in stazione accada nulla? L'unica novità di oggi è stato un inserviente che ha pulito per terra nel gabbiotto passeggeri dove sono accatastati cibo, bibite, pannolini, piatti di plastica, bambini e famiglie di migranti. La Stocker avrà anche fatto un salto alla stazione, ma fino a quel gabbiotto non c'è arrivata. C'è del metodo in questo abbandonare i migranti a se stessi. E finché dura questa situazione, tutto il resto sono chiacchiere e c'è da piangere di vergogna. 
© Dolomiten, 27.04.2015 Titelseite
Update  
Von  Dorothea Braun, Facebook, 28.04.2015
Hallo - ein kurzer subjektiver Erfahrungsbericht meiner Reise gestern mit dem EC um 10:34 nach München: Um 10:20 positionieren sich die italienischen Polizisten wie gewohnt am Gleis Nummer 4 des Bozner Bahnhofes. Dann beginnen sie, teilweise handgreiflich alle dunkelhäutigen Menschen ohne Ausweiskontrolle und in die Unterführung zu treiben um sie dort am Betreten der Gleise zu hindern oder in den Wartesaal zu trängen, der von uns als Basisstation genutzt wird. Die Menschen, alle mit gültigem Ticket, haben nicht einmal die Möglichkeit, ihre Identiät prüfen zu lassen und die Grundrechte werden nicht gewahrt.
In diese Rasterausgrenzung fällt dann auch ein Italiener, der ursprünglich aus Ghana stammt und seinen Pass nicht immer bei sich trägt... Auch er wurde gehindert den Zug zu betreten, während ich mit meinem Köfferchen Hilfe beim Einsteigen erhalte. Im Zug treffe ich auf zwei österreichische Polizeibeamten die schon in Verona zugestiegen sind.
Am Brenner kommen noch zwei deutsche Kollegen hinzu, die die Waggons durchqueren.
In Rosenheim steigen 20 Polizeibeamte in den Zug, der dort für 25 Minuten gestoppt wird um noch einmal gründlich den ganzen Zug auseinander zu nehmen. Dabei finden sie dann eine nigerianische Frau mit Baby, die laut Papieren ihre Residenz in Deutschland hat und dort Asyl beantragt hat. Was genau mit den Papieren nicht in Ordnung war, kann ich nicht sagen - die Polizisten fanden es aber notwendig, die stillende Frau halbnackt aus dem Zug zu holen.
In München angekommen traf ich einen Eriträer, den ich zwei Tage zuvor in Bozen gesehen hatte. Er wartete auf die Ankunft meines EC´s. Aufgrund der Sprachbarriere konnte ich nicht herausfinden, ob er auf Familienangehörige oder Freunde wartet.
Hier am Münchner Hauptbahnhof fand dann noch eine kleine Menschenjagt statt. 10 Polizeibeamte versuchten eine Gruppe von 8 Personen, vermutlich auch Eritärer, darunter zwei Frauen, zu fangen.
Ich nehm den nächsten Zug nach Berlin - hier am Kottbusser Tor und am Görlitz Platz treff ich eriträische Jungs, die versuchen den Passanten Dinge zu verkaufen. Mein Cousin Ben meint, die leben im Park.

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